Wir wissen jedoch, dass sich die vorherrschenden Krankheiten innerhalb eines geographischen und kulturellen Gebietes langsam, aber ständig wandeln. Die Krankheiten, die in der heutigen Zeit in unserer Kultur für etwa 70% der Todesfälle verantwortlich sind, können in zwei Gruppen geteilt werden. Einerseits die Erkrankungen des Herz-Kreislauf- und Blutgefäßsystems, andererseits „bösartige“ Erkrankungen, die unter dem Begriff der karzinogenen (krebserzeugenden) Erkrankungen zusammengefasst werden können. Beide Krankheitsbilder können nicht mehr mit der Bekämpfung des „Übels“ beseitigt werden. Denn sie werden nicht direkt von außen, durch einen Krankheitserreger verursacht, sondern entstehen multifaktoriell und werden ganz besonders durch unseren heutigen Lebensstil beeinflusst. Dies bedeutet, dass die Krankheiten von heute einen Signalwert haben: Wollen wir sie ändern, dann müssen wir unseren Umgang mit der äußeren Welt (ökologischer Aspekt) und mit der inneren Welt (psychologischer Aspekt) ändern.
Genau von diesen beiden Welten ist unser Immunsystem jedoch besonders stark beeinflussbar. Seine Aufgabe ist es, den Organismus gegen eindringende Bakterien, Viren oder Parasiten zu verteidigen sowie Fremdstoffe, Fremdgewebe (vgl. die Transplantationsproblematik) und entartete Eigengewebe (vgl. die Krebsproblematik) zu vernichten. Erst seit den ersten Aidserkrankungen um 1980 können wir die Rolle des Immunsystems wirklich erfassen: Bricht es zusammen, so ist der baldige Tod unausweichlich.
Äußerlich weniger dramatisch und dennoch langfristig lebenswichtig ist die Reaktion des Immunsystems auf die Einflüsse und Veränderungen bezüglich der äußeren und inneren Lebensbedingungen. Interessant hierbei ist, dass noch vor einigen Jahrzehnten das körpereigene Abwehrsystem für autonom, d. h. völlig eigenständig gehalten wurde. Der Grund: In vitro können Immunologen exakt vorhersagbare Immunreaktionen auslösen. Der trügerische – und bis vor kurzem für richtig gehaltene – Schluss: Das Immunsystem arbeitet unabhängig von körperlichen und psychischen Vorgängen.
Mittlerweile sind wir eines Besseren belehrt worden und müssen feststellen, dass das Immunsystem in Wechselwirkung mit dem Nerven- und Hormonsystem steht und dadurch von physiologischen und psychologischen Aspekten sehr wohl beeinflusst wird. Äußere Umstände (Strahlung, Toxine, Ernährung) haben genauso ihre Auswirkungen auf das körpereigene Abwehrsystem wie innere Zustände (Stress, Hilflosigkeit, aber auch Glück und Freude). Das Immunsystem ist für mich das faszinierendste Wunderwerk der Natur, das im Grunde als ein hochsensibles Organ angesehen werden kann.
Aber was ist das Immunsystem, und wie funktioniert es im Detail?
1882 wurde erstmals ein Mensch Augenzeuge einer Immunreaktion. Der russische Biologe Elie Metchnikoff
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